Regionale Politik muss unter dem Leitthema „Vernunft statt Angst“ stehen

„Regionale Politik muss unter dem Leitthema „Vernunft statt Angst“ stehen“, so Armin Serwani in der Regionalversammlung am 9. 12.2020: „Die Zeit, den Teufel an die Wand zu malen und ihm dann das Geld in den Rachen zu schütten, ist vorbei.“

Hier die Rede zum Haushalt 2021, dem die FDP-Regionalfraktion zugestimmt hat, im Wortlaut: „Über 418 Millionen Euro gehen über den Tisch des Hauses. So groß ist der Etat, den wir gleich verabschieden werden. Das in 360 zugeteilten Sekunden zu würdigen, ist eine Herausforderung. Deswegen gebe ich in aller Kürze meiner Freude Ausdruck, dass wir heute eine Premiere feiern: so viele interfraktionelle Anträge hatten wir noch nie. Und ich freue mich, dass insbesondere meine Fraktion gemeinsame Ideen mit CDU/ÖDP, Freien Wählern und auch der SPD umsetzen konnte. Denn das entspricht dem Geist, den wir uns für diese Regionalversammlung wünschen: Gemeinsam Lösungen finden, die uns voranbringen.

Zwei Punkte der Freude muss ich herausheben. Es freut uns von Herzen, dass die CDU/ÖDP mit ihrem Antrag „Sicherheitsgefühl in der S-Bahn“ und die SPD mit „Mehr Sicherheit für Frauen in S-Bahnen“ Erfolg hatten. Wir haben aus vollen Herzen zugestimmt. Gut, wir könnten daran herummäkeln, dass wir 2018 und 2019 keine Mehrheiten fanden, als wir „Sichere Waggons“ mit mehr Begleitpersonal und verbesserte Videoüberwachung beantragten und so gut drei Jahre verschenkt haben, bis etwas passiert. Aber da herrschte ja auch noch ein Geist, der nicht dem entsprach, was ich gerade angesprochen habe: Mehrheitlich Lösungen finden, die uns voranbringen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Herausforderungen wachsen. Zeitunglesen ist heutzutage das neue Gruseln: „Niederlage für die Region“ auf dem Weg ein Hotspot der Wasserstofftechnologie zu werden. Mobilitätstheorien, die bar jeden Realitätssinns sind. Berichte über die Strategien ausländischer, speziell chinesischer Investoren, technisches Wissen, vor allem aber industrielle Produktion abzuziehen.

Stamokap, altgediente Jusos im Raum wissen, was gemeint ist, Staatsmonopolkapitalismus, kehrt unter dem roten Banner Chinas zurück. Oder genauer: Der Kommunismus kauft sich den Kapitalismus. Oder etwas regionaler: China betrachtet uns als „Entwicklungs“-Land. Wir entwickeln hier, ganz speziell auch in der Region, was dort demnächst produziert und auf den Weltmarkt geworfen wird. Die Kooperation zwischen Daimler und dem chinesischen Autohersteller Geely zeigt, wohin es geht: Noch ist die Produktionsverlagerung nicht abgeschlossen, noch sind wir wenigstens als Entwicklungsstandort gefragt. Aber wir müssen etwas tun, um uns im Wettbewerb zu behaupten, und unsere Mittel geschickt einsetzen.

418 Millionen Euro Haushaltsvolumen sind kein Pappenstiel und deren richtiger Einsatz ist eine Kunst: „Der Verband Region Stuttgart beendet die Suche nach strategischen regionalen Vorhaltestandorten für Investitionsprojekte“, wie die Linke gefordert hat, oder der Traum von einer „Postwachstumswelt“, den ausgerechnet der Aufsichtsratsvorsitzende unserer regionalen Wirtschaftsförderungsgesellschaft, unser Kollege André Reichel hat, passen nicht in die neue Zeit, in die uns die Corona-Krise und die Veränderung der Machtbalance auf globaler Ebene geworfen hat.

Alles schlägt bis auf die lokale und regionale Ebene durch. „Ökonomie des Unheilstolzes“ hat Norbert Bolz in der WirtschaftsWoche das deutsche Modell genannt, das aus Angst Umsatz macht, in dem es neue Angst produziert. Ich zitiere: „Wir leben in einer Kultur, in der Angst, Schuldgefühl und Selbstbestrafung sich gegenseitig verstärkend ineinandergreifen. Und genau diesen Komplex kann man bewirtschaften. Die Warner und Mahner sind Moralunternehmer, aggressive Kreuzritter der sozialen Bewegungen. Als Angststellvertreter kommunizieren sie Betroffenheit über die Betroffenheit anderer. Und gehandelt werden dabei empirische Apokalypsen, heute vor allem die „Klimakatastrophe“.“ Zitat Ende.

Tragisch, aber wahr: Wir haben Covid gebraucht, um die Behaglichkeit abzuschütteln. Wir sehen „einen grundlegenden Wandel der politischen Kultur durch die Pandemie“, den das Magazin The European so beschreibt: „(die politische Kultur) sorgt für einen neuen Blick auf die Natur, auf Risiken und große Problemlagen. Der apokalyptische Ökologismus ist erschüttert, die Klimapanik schwindet. Der Blick auf die Naturwissenschaft wird offener.“

Oder, um es noch deutlicher zu sagen: Die Zeit, den Teufel an die Wand zu malen und ihm dann das Geld in den Rachen zu schütten, ist vorbei.

Regionale Politik muss unter dem Leitthema „Vernunft statt Angst“ stehen:  Das heißt

  • Zukunftsoptimismus statt Klimapanik
  • keine teleologischen Fehlschlüsse wie der des Kollegen Ozasek, der im Planungsausschuss von „unethischen Rohstoffen“ sprach. Weder Briketts, Zucker noch Diamanten sind böse, obwohl sie auf Kohlenstoff basieren.

und ganz wichtig

  • keine Instrumentalisierung der Region für politische Ziele, für die sie gar nicht zuständig ist.

Denn wofür sind wir da? Für optimale Strukturen vor Ort. Wir müssen dazu beitragen, die Arbeitsplätze von 1,5 Millionen Erwerbstätigen zu sichern, von denen mehr als die Hälfte unter 45 ist und sich ihre Zukunft aufbauen will. Wir tun das 2021 mit 418 Millionen Euro Steuergeld. Geld, das genau diese Menschen und die hiesigen Firmen erwirtschaftet haben. „Erwirtschaftet“ ist das Schlüsselwort.“