Haushalt ok, Öffentlichkeitsarbeit des Verbandes nicht

„Wir stehen heute als Verband Region Stuttgart an einem Scheideweg.“ Das sagte Kai Buschmann „mit Blick auf die  Wahl der Regionaldirektorin oder des Regionaldirektors. „Wir stellen hier mit der Person auch die Weichen für eine neue Öffentlichkeitsarbeit des Verbandes.“Kai Buschmann schlug in seine Haushaltsrede die Brücke vom „ja“ zum Haushalt zur Kritik an der Öffentlichkeitswirkung des Verbandes Region Stuttgart. Er übte dabei sowohl Kritik an der Außendarstellung des Verbandes als auch am redaktionellem Raum, den die Berichterstattung über die Regionalversammlung einnimmt. Wörtlich sagte er: „Wir haben einen Haushalt für 2022. Wir haben einen Haushalt, der durch die Anträge aus der Regionalversammlung entscheidende Impulse erhalten hat. Für die FDP-Regionalfraktion bedanke ich mich bei Ihnen für die Unterstützung, die unsere Anträge erfahren haben.“

„Was uns besonders freut“, so Kai Buschmann, „ist dabei, dass es vier interfraktionelle Anträge gibt, die wir initiieren oder an denen sich unsere Fraktion beteiligen konnte. Ich darf dazu gleich ankündigen, dass wir dieses Vorgehen in Zukunft ausbauen möchten. Der Geist der Zusammenarbeit sollte aus unserer Sicht ein Markenzeichen der Region sein. Ein wesentlicher Punkt ist die Kommunikation unter den Fraktionen, wie die Abläufe bei den interfraktionellen Anträgen zeigen.“

„Wobei, und jetzt komme ich zum Punkt Kritik, eine gute Arbeit in der Regionalversammlung nichts nutzt, wenn niemand darüber berichtet und niemand darüber redet. Wir haben das alle seit dem 22. September als Regionaldirektorin Dr. Schelling den Haushalt eingebracht hat, live erlebt. Die Berichterstattung über die Aktivitäten und Diskussionen hielt sich in engen Grenzen. Zu engen Grenzen für ein demokratisches Gemeinwesen“, sagt der FDP-Regionalfraktionsvorsitzende.

Kai Buschmann weiter: „An diesem Punkt will ich auch zur Selbstkritik kommen: Wir haben für den Antrag mit einer Medienresonanzanalyse Grundlagen zu erarbeiten, aufgrund derer sich Schlüsse für die Medienregion und für Initiativen des Verbandes Region Stuttgart ziehen lassen, keine Mehrheit gefunden. Wir hätten auch dieses Thema zum Gegenstand eines gemeinsamen Antrages machen sollen. Wir haben es nicht getan, weil für unsere Fraktion klar ist, dass der jetzige Weg der öffentlichen Darstellung oder besser der Nichtdarstellung für den Verband in die öffentliche Bedeutungslosigkeit führt. Das gilt auch für alle Fraktionen hier im Haus: Tue Gutes und rede drüber, geht halt nicht, wenn es keinen redaktionellen Raum gibt, egal ob auf Papier oder elektronisch.

Wir stehen heute als Verband Region Stuttgart an einem Scheideweg. Das sage ich mit Blick auf Tagesordnungspunkt 5 Wahl der Regionaldirektorin oder des Regionaldirektors. Wir stellen hier mit der Wahl der Person auch die Weichen für eine neue Öffentlichkeitsarbeit des Verbandes. Wir haben bei unseren Gesprächen mit den Kandidatinnen und Kandidaten keinen gefunden, der unsere Kritik an der minimaloffensiven Öffentlichkeitsarbeit des Verbandes nicht geteilt hätte.“

Kai Buschmann weiter: „Wir sehen aber auch die regionalen Medien in der Pflicht, den Regionalverband nicht totzuschweigen.

Kurz und gut: Wir konnten die Studie über die aktuelle Entwicklung der Informationskanäle und deren optimale Nutzung nicht im Haushalt 2022 unterbringen.

Die Stellungnahme der Geschäftsstelle, ich zitiere, die Sitzungsunterlage: „Die demokratische Willensbildung in der Region unterscheidet sich nicht grundlegend von bundesweiten beziehungsweise globalen Trends. Hierüber existieren bereits viele fundierte Studien“, stufe ich namens meiner Fraktion als glatte Fehlleistung ein. Es zeichnet die Region Stuttgart ja geradezu aus, dass sie sich immer wieder von bundesweiten beziehungsweise globalen Trends abkoppelt und denen eigene Entwicklungen entgegensetzt.

Und unter uns, wer von vielen Studien spricht, die seine Position bestätigen, hat erfahrungsgemäß nicht eine gelesen. Bei uns ist das nicht so. Deswegen hier ein Zitat aus der Zusammenfassung des Gutachtens “Aktive Sicherung lokaler und regionaler Medienvielfalt”, das Dr. Jörg Ukrow und Prof. Dr. Mark D. Cole vom Institut für Europäisches Medienrecht (EMR) in Saarbrücken im Auftrag der Thüringer Staatskanzlei 2019 erstellt haben: „Ohne mediale Diskursforen zu kommunalen Angelegenheiten droht die verfassungsrechtliche Garantie kommunaler Selbstverwaltung ebenso in Mitleidenschaft zu geraten wie die föderale Struktur der Bundesrepublik ohne regionalen Qualitätsjournalismus nachhaltig gefährdet würde. Regionale und lokale Medienvielfalt trifft demgegenüber Vorsorge gegen die Entwicklung zu einem unitarischen Bundesstaat, der strukturell Machtballungen begünstigt und damit die Staatszwecke des Grundgesetzes gefährdet.“

Sprich, die Gefahr ist nicht irgendwo, sondern akut: Denn ohne Medien, die sich zu ihrer demokratischen Aufgabe bekennen, wird’s gefährlich für die Demokratie. Auch bei uns.

Deswegen hier die Ankündigung: Wir werden uns in den nächsten zwölf Monaten weiter mit dem Thema beschäftigen und Gespräche mit anderen Fraktionen führen. Und wir hoffen, bei der Haushaltsplanberatungen 2023 werden wir uns alle einig sein, a) dass hier etwas Geschehen muss und b) was hier getan werden kann, damit wir den veränderten Medienverhältnissen des 21. Jahrhunderts gerecht werden können“, beendete der Fraktionsvorsitzende seine Rede.