Steinbruch Rielingshausen nüchtern abgewogen

Wenn es eines Beweises bedürfte, wie sinnvoll es ist, einen Verband Region Stuttgart zu haben, die Steinbruch-Debatte liefert ihn. Wir haben lokale Interessen: Kein Steinbruch vor der eigenen Haustür. Wir haben regionale Interessen: Baumaterial auf kurzen Wegen und ohne Lasterkolonnen. Wir haben globale Interessen: CO2-Reduzierung. Da ist Abwägung gefragt.

Und wir haben unverkennbar jede Menge Eigeninteressen. Acker kontra Gewerbegebiet? Da wird Erster schnell unermesslich wertvoll. Heimische Steine gegen Langstrecken-Transport? Da wird der Mensch plötzlich erstaunlich flexibel. Es ist ein liberaler Grundsatz: Jeder hat das Recht seine Interessen zu vertreten. Die Allgemeinheit muss aber einen Weg finden, diese und die Interessen der anderen gegeneinander abzuwägen.

Wir haben eine Beschlussvorlage, die zu Rielingshausen alle Belange nüchtern abwägt. Sie stellt fest: Die zulässige Ausweisung als Vorranggebiet stellt keine Zulassung des Abbaus dar. Es gibt eine saubere Trennung von regionalplanerischer Ebene und konkretem Genehmigungsverfahren.

Die Bürgerinitiative (BI) hat diese Trennung bei ihren Auftritten aus Eigeninteresse bewusst verwischt. Das darf sie. Wir dürfen uns dadurch aber nicht beeindrucken lassen. Die FDP-Fraktion macht der BI daraus keinen Vorwurf. Jeder muss wissen, wie weit er gehen will: Die BI hat das Recht medienwirksam aufzutreten, ob sie damit im Recht ist, ist aber nicht gesagt. Das prüfen wir in der Regionalversammlung emotionslos. Und das müsste, die Anmerkung sei erlaubt, auch in der öffentlichen Berichterstattung der Fall sein, wenn es gilt, Fakten in den richtigen Zusammenhang zu setzen und nicht nur Klicks anzuhäufen. Aber vielleicht beeindruckt es die Medien auch, mit welchen Mehrheiten heute der Beschluss gefasst wird.

Steine sind nicht nur schwer, ihr Transport ist in seinen Auswirkungen schwerwiegender als manche denken. Wir haben kein Öl und höchstens Biogas in der Region. Steine sind unser wertvollster Rohstoff. Ein Rohstoff, der den Beginn der zivilisierten Menschheit markierte. Sie erinnern sich? Die Steinzeit? Diese Steinzeit hat nie aufgehört. Wir sind heute immer noch mittendrin.

Wir sind auf Wegen hierhergekommen, die ohne Steine nicht gebaut werden können – egal ob Straßen oder S-Bahn-Trassen. Häuser, Hallen – große Bauten, kleine Bauten – Stein ist überall. Von der Natur zermahlen als Sand, Split, in kleinen Brocken als Schotter oder am Stück. Als „mineralische Rohstoffe“ stehen sie in unserer Sitzungsvorlage. In der Diskussion hörten wir von 15 Millionen Tonnen, die importiert werden müssen. Selbst wenn wir die schwerste Lasterklasse nehmen, die 20 Tonnen zuladen kann, sind das 750.000 Lkw im Jahr.

Das bedeutet Lärm für alle. Das sind aber vor allem Millionen Tonnen von CO2, die das Klima belasten, weil wir in der Region einen beschämend niedrigen Selbstversorgungsgrad haben: Unser „Eigenversorgungsanteil beträgt nur knapp 40 Prozent“, sagt die Verwaltung in ihrer Vorlage.

Der Steinbruch in Rielingshausen kann als Beispiel dienen, von was wir reden: „Die im Steinbruch erzeugten Muschelkalkprodukte werden zu ca. 40 Prozent als Gesteinskörnung für Beton verwendet und können somit teilweise die üblicherweise für die Betonherstellung eingesetzten Kiesprodukte, die sonst aus dem Rheintal oder Oberschwaben in die Region gebracht werden müssten, ersetzen“, hieß es in einer Vorlage im Jahr 2022.

Was haben wir jetzt? Wir haben eine Vorlage und einen Beschluss, die zeigen, dass es möglich ist, Vernunftgründe gegeneinander abzuwägen und zu Lösungen zu kommen. Wir stimmen den gewünschten Änderungen zu und loben die Verwaltung für eine hervorragende Vorlage. Die nächste Runde kann kommen.