Entwicklungsachsen sind ein erster Schritt zu zentralörtlichen Bereichen statt Zentren

Die FDP-Regionalfraktion hat der Aktualisierung des Regionalplans 2009 zugestimmt. Beschlossen wurden „Entwicklungsachsen“ und die sind für die Fraktion ein erster Schritt hin zu den „zentralörtlichen Bereichen“, die die Fraktion für besser hält als die althergebrachten Zentren, sagt Fraktionsvorsitzender Kai Buschmann.

„Es ist kein Geheimnis: Wir als FDP-Regionalfraktion sehen den Landesentwicklungsplan aus dem Jahr 2002 als vollkommen veraltet an. Das gilt auch für das Zentrale-Orte-Konzept, das sein wesentliches Element darstellt“, sagte Kai Buschmann in seiner Rede vor der Regionalversammlung.

Und weiter: Deswegen wollen wir, dass die Region ein Konzept der „zentralörtlichen Bereiche“ entwickelt, die auch mehrere Kommunen umfassen können. Die Einstufung als Mittelzentrum oder ein Nachfolgemodell soll in die Zuständigkeit des Verbandes kommen. Wo die Probleme liegen, lässt sich an den Beispielen von Remseck (keine Einstufung), Weinstadt oder Leinfelden-Echterdingen (beide als Unterzentren eingestuft) ablesen, deren Entwicklung negativ beeinflusst wird und die längst überörtliche Funktionen erfüllen.

Kai Buschmann bei seiner Rede vor der Regionalversammlung.

Was hat das mit den Entwicklungsachsen zu tun, die wir heute beraten? Wenn wir genau hinschauen, dann sind diese Entwicklungsachsen ein erster Schritt hin zu zentralörtlichen Bereichen. Die Entwicklungsmöglichkeiten werden dabei nicht mehr mit zentralörtlichen Funktionen verknüpft, sondern mit dem S-Bahn-Angebot. Der Beschlussvorschlag spricht von der, ich zitiere: „Konzentration der Siedlungsentwicklung in günstiger Lage zum schienengebundenen öffentlichen Nahverkehr sowie der vorgesehenen höheren Siedlungsdichte aus raumordnerischer Sicht“, Zitat Ende, die das rechtfertigt.

Das hört sich auf das erste Hinhören schlüssig an. Trotzdem ist uns das zu wenig, denn es trägt den Gegebenheiten in der Region nicht ausreichend Rechnung:

  1. Sind unter den aktuellen Gegebenheiten Konzepte hinfällig, die sich nur auf schienengestützten ÖPNV als Kriterium stützen. Wir erleben in der Corona-Epidemie einen gewaltigen Aufschwung internetbasierter Arbeitsweisen, die in unsere Regionalplanung einfließen müssen. Auch bei der individuellen Mobilität werden sich künftig neue Formen entwickeln, wie autonomes Fahren und Umstieg auf alternative Antriebsarten, die Auswirkungen auf die Bewertung der Wege zur Arbeit haben, soweit diese überhaupt noch notwendig sein werden.
  2. Brauchen wir eine Gewerbe- und Industriegebiets­entwicklung, die die Verlagerung von Arbeitsplätzen in wohnortnahe Gebiete der Beschäftigten unterstützt und so zusammen mit der Entwicklung der unter Punkt 1 genannten internetbasierten Arbeitsweisen die Notwendigkeit zu pendeln verringert.
  3. Entwickeln sich auch im Nahverkehr neue Formen, die nicht nur autonome Busangebote umfassen, sondern vom baden-württembergischen Verkehrsministerium explizit darauf angelegt werden, dass ÖPNV-Angebote den ländlichen Raum stärken sollen. Auch diese Strategie wird den Abschied vom bisherigen Vorgehen fördern.

Trotz des Gesagten werden wir der vorgeschlagenen Änderung des Regionalplans zustimmen. Warum? Weil wir diese Änderung als eine Interimslösung betrachten. Eine Zwischenlösung, die uns hilft, den Siedlungsdruck zu mindern. Wir haben das Ganze im Planungsauschuss mit losgetreten. Danke hier an das Zusammenwirken mit der CDU.

Die Verwaltung hat auch plausibel die Unterschiede zwischen Burgstetten, Marbach und Affalterbach herausgearbeitet. Marbach kann sich im Fall Rielingshausen eben nicht auf Burgstetten berufen. Rielingshausen ist eine Exklave mit Distanz zum Versorgungskern der Stadt. Das sind dieselben Einschätzungen die beim benachbarten Remseck gelten. Dort gehören die Stadteile Hochberg und Hochdorf auch nicht zum Siedlungsbereich. Und auch Affalterbach lässt sich als solitärer Arbeitsplatzschwerpunkt durch AMG nicht als Vergleich anführen.

An anderer Stelle Marbachs im Gebiet Kreuzäcker sah Marbach Wohnungsbau übrigens jüngst kritisch und hat das lang geplante Wohngebiet gecancelt. In Rielingshausen jedoch möchte man Wohnbau haben und das dort beabsichtigte Wohngebiet wurde heute Morgen explizit in der Marbacher Zeitung durch den Marbacher Bürgermeister gegen die Steinbrucherweiterung ins Feld geführt. Insofern sind die hinter dem etwas sonderbaren Marbacher Vorschlag, Rielingshausen im Regionalplan zum Siedlungsbereich erklären zu wollen, sich verbergenden wahren Gründe doch leicht zu erkennen. Solchen Versuchen, die Regionalplanung zu instrumentalisieren, müssen wir widerstehen.“