In NRW werden erhöhte Bahnsteige wieder abgeschafft, kommt das bei uns auch?
In der Region geht vom Remstal eine neue Diskussion über Barrierefreiheit aus. Und die zeichnet sich durch allerlei Rätselhaftes und Ungereimtes aus. Die FDP-Fraktion will jetzt Klarheit.
Ein Rätsel ist beispielsweise: Warum gibt es mal Bahnsteige mit 76 Zentimetern Höhe und mal mit 96 Zentimetern, wobei der Mensch nur bei 96 Zentimeter stufenfrei in und aus der S-Bahn kommt. Aus den regionalen Unterlagen ergibt sich, dass das Problem schon seit 15 Jahren gelöst sein soll. Aus den Statements der Bahn, dass es mit einer Erhöhung der Bahnsteige beispielsweise im Remstal gar nicht gelöst werden kann, wie dort überbreite Güterzüge fahren, die die 96er-Bahnsteige glatt abrasieren würden. Aus NRW kommt die Nachricht, dass genau aus diesem Grund die Bahnhöfe mit 96-Zentimeter-Bahnsteigen für Millionen von Euro wieder umgebaut werden. Und unter anderem auch deswegen weil ein S-Bahn-Zug von der Stange nur etwas mehr als die Hälfte dessen kostet, was die Region für einen ihrer S-Bahn-Züge hinblättern muss. Weil alles ein bisschen undurchsichtig ist, will die FDP-Regionalfraktion jetzt mit einem Antrag für mehr Klarheit sorgen. Und vielleicht zusammen mit dem Landtagsabgeordneten Jochen Haußmann noch einen Weg finden, wie 2019 im Remstal doch noch Barrierefreiheit erreicht werden kann.
In der Begründung zum Berichtsantrag fasst die Fraktion den Stand der Dinge so zusammen:
Der Verkehrsausschuss hat in den Jahren 2001 und 2002 den barrierefreien Ausbau der S-Bahn beschlossen und die Verbandsverwaltung mit der Umsetzung beauftragt. Bei der VA-Sitzung am 06.05.2015 hat der Bahnbevollmächtigte Sven Hantel unter anderem darauf hin gewiesen, dass Bahnsteighöhen von 96 Zentimetern nicht möglich sind, wenn überbreiter Güterverkehr auf der Strecke laufen soll, wie das beispielsweise auf der S2 im Remstal der Fall ist. Das Problem wurde bereits in der Machbarkeitsstudie 2001 angesprochen: „Aus Sicht von DB Cargo ist es erforderlich die Strecke Stuttgart Bad-Cannstatt – Schorndorf für Transporte mit Lademaßüberschreitungen freizuhalten. Bei der Umsetzung der partiellen Bahnsteigerhöhung ist gemeinsam mit DB Cargo zu prüfen, ob LÜ-Verkehre so geführt werden können, dass es im S-Bahn-Netz Stuttgart keine Einschränkungen bei Bahnsteigerhöhungen gibt.“ (Seite 3).
Die Lösung könnte außer in der Erhöhung der Bahnsteige auch in der Absenkung der S-Bahnen liegen. Die Verkehrsverband Rhein-Ruhr, der wie der VVS teilweise schon über 96-Zentimeter-Bahnsteige verfügt, beschreitet nach einem Bericht der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) vom 28.11.2014 diesen Weg, weil sich das Land Nordrhein-Westfalen und dir dortigen Verkehrsunternehmen auf die für alle nutzbare Höhe von 76 Zentimetern geeinigt haben„ …und damit werden die meisten Essener S-Bahnhöfe mittel- und langfristig wieder zum Sanierungsfall, weil entweder Bahnsteige um 20 Zentimeter abgesenkt oder das Gleisbett (was meist billiger wäre) entsprechend erhöht werden müssen. Ein Programm, das etliche Millionen Euro kosten wird…“
Trotzdem rechnet sich der Umstieg nach Angaben des VVR gegenüber der WAZ: „Bei dieser Entscheidung ging es aber auch ums Geld. Weil höher gelegte S-Bahnen nur noch als teure „Sonderanfertigung“ bestellt werden können, niedrigere Züge es aber bei den Herstellern inzwischen „von der Stange gibt“- und damit weitaus preisgünstiger sind, argumentiert VRR-Sprecher Johannes Bachteler.“ Tatsächlich kostet ein Zug nach Angaben des VRR bei der Beschaffung von 28 Stück rund fünf Millionen Euro pro Stück, während die in Region Stuttgart eingesetzten Fahrzeuge um mehrere Milllionen über diesem Betrag liegen. Der EZ1440 wird dabei als komfortabler als der ET430 eingestuft, weil er unter anderem erstmal eine Toilette in der S-Bahn bietet.
Angesichts der Vorgehensweise im VRR-Gebiet, neue Züge zu kaufen und die kostspielig erhöhten Bahnsteige wieder abzusenken, muss in der Region rechtzeitg geklärt werden, wie das weitere Vorgehen ist.
Der vollständige Antrag: 2015-05-21 Antrag S-Bahn Barrierefreiheit und S-Bahnen