Monthly Archives: Dezember 2015

Wohnbaupolitik der Region geht an der Realität vorbei

Wenn junge Familien keine bezahlbaren Häuser finden, ist die Politik falsch

„Die aktuelle regionale Wohnungsdebatte geht vollkommen an der Realität vorbei. Ich bin mir im Planungsausschuss wie im Wolkenkuckucksheim vorgekommen“. Kai Buschmann, Vorsitzender der FDP-Regionalfraktion will  Verbesserungen zugunsten junger Familien. „Wir haben kein Problem, das in der Zukunft irgendwo bei 2030 liegt. Wir haben eines, das akut ist: Wenn in einer 2,7-Millionen- Einwohner-Region gerade mal rund 2.400 Einfamilienhäuser zum Verkauf stehen, dann heißt das, dass viele junge Familien Weihnachten nicht wie erhofft im eigenen Haus feiern können, weil der Markt schlicht zusammengebrochen ist. Die grün-rot dominierte Wohnungsbaupolitik der Region der letzten Jahre hat vollkommen versagt.“

„Wenn junge Familien keine bezahlbaren Häuser mehr finden, ist die Politik falsch. Wenn alle Wohnungssuchenden zusammen kaum Wohnungen finden, sollten die politisch Verantwortlichen einpacken und leise Servus sagen.“ Beides sei in der Region inzwischen der Fall: „In Zeiten des Internets ist es kein Problem mehr, das Angebot zu sichten.“ Der Stand beispielsweise auf Immobilienscout24, Donnerstag, 17.12.2015, 10:15 Uhr: „725 Mietwohnungen ab Drei-Zimmern, 2.387 Eigentumswohnungen und 2.414 Einfamilienhäuser – das ist kein Wohnungsmarkt mehr. Das ist eine Katastrophe.“

Die Diskussionen im Planungsausschuss vom Mittwoch, ob die ausgewiesenen Wohnbauflächen bei den Kommunen für 141.000 Menschen reichen, „sind rein akademisch. Seit Dienstag wissen wir außerdem, dass die Zuwachsvoraussagen von 136.000 Menschen zusätzlich ausgehen, da ist kein Spielraum mehr. Aber es geht ja nicht nur um die die kommen, wir müssen auch etwas für die tun, die schon in der Region leben.“ Der Architekturprofessor und ehemalige Basler Kantonbaumeister Carl Fingerhuth habe vollkommen recht, wenn er kritisiere: „Es herrscht derzeit eine unheilige Allianz von Bauwirtschaft und Ökologie. Die Ökologen schützen die Grünflächen und die Bauherren verdienen an den wenigen verfügbaren Grundstücken entsprechend mehr, da diese extrem dicht bebaut werden müssen.“ (Stuttgarter Zeitung vom 17.12.2015).

Die FDP fordere Freie Wähler und vor allem die CDU („die sagt grad weder hüh noch hott“) in der Regionalversammlung auf, jetzt sofort die Mehrheit, die sie zusammen mit der FDP haben, dazu zu nutzen, ein Umdenken in der Wohnungsbaupolitik zu erreichen. „Wir haben es mit dieser Mehrheit in der Hand, dafür zu sorgen, dass die Menschen die Möglichkeit bekommen, bezahlbaren aber gleichzeitig lebenswerten Wohnraum in der Region zu finden. Wir müssen den Planern der Region klare Vorgaben machen.“

Das Problem des Wohnraums für Flüchtlinge löse sich dabei automatisch mit: „Wenn beispielsweise junge Familien umziehen, werden deren bisherige Wohnungen frei.“ Dichtere Bebauung („á la Hühnerkäfig“), wie von Grünen, Roten und AfD gefordert, sei keine Lösung: „Selber im Häusle sitzen und denen Steine in den Weg legen, die sich auch eines wünschen, ist ganz schlechter Stil.“ Außerdem sei’s brandgefährlich: „Das ist eine Politik, die nur soziale Brennpunkte schafft.“ Die Stuttgarter beispielsweise bräuchten nur einen Blick in ihren Sozialdatenatlas werfen, um zu sehen, wie sich solche Gebiete auswirken: „Dann läuft eine teure Reparaturmaschine an, wir müssen aber gleich das Wohnungsangebot so gestalten, dass das überflüssig ist.“

An der Attraktivität der Region als Landschaft, „in der der Mensch in wenigen Minuten im Grünen ist“, werde das nichts ändern. Momentan liege der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche bei rund 23 Prozent, drei Viertel der Region seien unbebaut. Wenn es irgendwo ein Problem gebe, dann in Stuttgart: „Da ist mehr als die Hälfte Siedlungs- und Verkehrsfläche, aber da soll weiter gebaut werden.“

Aktuelle Bevölkerungsprognose des Statistischen Landesamtes

Berichterstattung Sitzung Planungsausschuss Stuttgarter Zeitung

Vorberichterstattung Stuttgarter Zeitung: Rechnerisch keine Wohnungsnot

Vorberichterstattung Stuttgarter Nachrichten: Bauland reicht für viel mehr Menschen

FDP stimmt Etat 2016 der Region zu

Mehrheiten für Entscheidung, die FDP schon lange anstrebt

Die FDP-Regionalfraktion, hat dem Haushalt 2016 der Region zugestimmt, „weil er insgesamt vernünftig ist“, so Kai Buschmann: „Wir stimmen sogar gerne zu, weil sich jetzt Mehrheiten für Entscheidungen finden, die wir schon lange anstreben“, so der Fraktionsvorsitzende der FDP-Regionalfraktion in seiner Haushaltsrede.

Im Einzelnen führte er in seiner Rede aus: „Nehmen wir das Thema Wohnbau. Uns freut, dass jetzt fast alle – außer der SPD – durch Anträge Handlungsbedarf erkennen. Aber es ist schade, dass wir nicht schneller waren: Im Oktober 2012 hat die FDP-Regionalfraktion erstmals in einer Anhörung mit Experten darauf hingewiesen, dass die Annahmen des Regionalplans zur Bevölkerungsentwicklung nicht mehr haltbar sind. Damals hieß es beschwichtigend, das seien nur vorübergehende Zuwanderungsgewinne, langfristig müsse man weiterhin von einer rückläufigen Bevölkerung ausgehen.

Uns hat das nicht überzeugt und wir haben im Februar 2013 einen großen Antrag „Wohnen in der Region“ eingebracht, weil sich die massive Verknappung an Bauland und Wohnraum im Zentrum der Region abzeichnete. Als unser Antrag im April 2014 im Planungsausschuss behandelt wurde, erhielten wir zwar neue Detailinformationen, die Botschaft blieb aber die gleiche: Im Zentrum der Region gehe es zwar knapp zu, an der Peripherie und im Osten der Region herrsche aber sogar Leerstand. Im Durchschnitt sei aus regional­planerischer Perspektive alles in Ordnung.

Die Region Stuttgart handelte also wie ein Beobachter, der einen Mensch mit dem Hintern auf der heißen Herdplatte und einem Eiswürfel in der Hand sitzen sieht und feststellt: „Im Durchschnitt ist mit seiner Körpertemperatur alles in Ordnung“.

Danach bekamen wir aber Feuer unter den Hintern: Als die Stuttgarter Zeitung am 15.4.2014 unter der Schlagzeile „In der Region Stuttgart herrscht keine Wohnungsnot“ über diese Sitzung berichtete, hat das den Deutschen Mieterbund aufgeweckt, der am 19. Mai eine Pressemitteilung verschickte, die forderte: „Die Region Stuttgart muss ihre restriktive Baulandpolitik überdenken! Der Wohnungsbedarf steigt in der Region viel schneller als der Verband annimmt.“

Inzwischen brennt das Thema allen auf den Nägeln: Nach drei Jahren sehen endlich alle Fraktionen Handlungsbedarf: Wohnraum soll Schwerpunktthema 2016 sein.

Machen wir etwas daraus. Aber hüten wir uns in alte Fehler zurückzufallen. Der Verband klammert sich an die Zweiteilung der Region in Kommunen mit Wohnbauschwerpunkten entlang der Entwicklungsachsen und Kommunen mit Eigenentwicklung in der Fläche. Das ist nicht mehr zu halten. Es macht keinen Sinn, alle Zuwanderer in Wohnbauschwerpunkten zu massieren. Es ist sogar ein Fehler, und schafft nur Parallelwelten. Integration verlangt Zuwanderer in der Fläche unterzubringen. Nur wenn die alteingesessene Bevölkerung in der Mehrheit ist, können sich die Neuankömmlinge integrieren. Das gilt für Sachsen wie für Syrer.

Als Gegenargument schallt uns natürlich schon wieder das steigende Verkehrsaufkommen entgegen, wenn Wohnraum außerhalb der S-Bahn-Achsen geschaffen wird. Herr Ganske hat für die CDU bei der Einbringung des Haushalts so argumentiert. Erfreulicherweise hat sich Herr Lenz im Planungsausschuss deutlich hiervon abgegrenzt.

Die Lösung liegt auf der Hand: Wir brauchen ein Sonderprogramm für Kommunen mit Eigenentwicklung. Preiswertes Bauland für preiswerten Wohnraum muss mit einem Mobilitätskonzept kombiniert werden. Nur dann gibt es von der Region grünes Licht für zusätzliches Bauland. Nebenbei, ein Mobilitätsrechner, wie von uns vorgeschlagen, aber von der Mehrheit leider abgelehnt, wäre da auch nützlich. Wir werden also in diesem Punkt einen neuen Anlauf nehmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt noch mehr, das uns am Herzen liegt: Vor einem Jahr haben wir vorausgesagt, dass die Remstalgartenschau eine Dynamik entwickelt, die den Landschaftspark-Etat ohne Zusatzmittel sprengen würde. Unser Antrag für den Haushalt 2015 hieß „Der Verband Region Stuttgart schafft im Rahmen des Landschaftsparkprogramms bis 2018 ein Sonderprogramm Interkommunale Gartenschau (IKG) 2019 mit zusätzlich 500.000 Euro jährlich.“ Macht zwei Millionen Euro. Jetzt lautet der Beschlussvorschlag im Haushaltsentwurf zwei Millionen Euro, aber auf 2016 bis 2019 verteilt. Da stimmen wir gerne zu, denn das Ziel des Antrags ist voll erreicht.

Nachdem fast täglich Pannen im S-Bahn-Netz Schlagzeilen machen, ist offensichtlich, dass unser Antrag zur Verbesserung des Verspätungsmanagements Sinn macht und weiterbehandelt werden muss. Dass der Verband unseren Antrag zum Güterverkehr aufnimmt und hierfür eine Studie erstellen lässt, stimmt uns positiv.

Leider finden wir aber auch ein Haar in der Suppe und das betrifft das Selbstverständnis und Verhalten der Regionalversammlung.

Statt dass wir uns im September freuen, dass mal Besucher in die Ausschusssitzung und zur Regionalversammlung kommen, wird von links genörgelt, dass sich die Besucher nicht benehmen können.

Statt dass wir die Sitzungen im Internet übertragen, wird diese Initiative abgeblockt.

Statt dass wir uns über die Entwicklung der Medienlandschaft austauschen, in der über unsere Arbeit berichtet oder nicht berichtet wird, wird diese Initiative abgeblockt.

Statt dass wir darüber nachdenken, wie wir mit „Rio in der Region“ von der Olympiade profitieren können, erklärt man sich für überfordert. Stattdessen macht man ein Jugendforum mit 70 Teilnehmern – an sich keine schlechte Veranstaltung – Breitenwirkung aber gleich Null.

Statt das wir über ein Präferenzstimmenwahlrecht nachdenken, um die Regionalwahl interessanter für die Bürgerinnen und Bürger zu machen, wird abgeblockt, weil man – wie Gespräche mit Kollegen klar ergeben haben – Angst um das eigene Mandat hat.

Im Moment schlägt die Regionalversammlung ihre Sargnägel selber ein. Aufwachen, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Zeiten der Kompetenzerweiterungsträume sind vorbei. Das hat selbst die SPD eingesehen. Wenn wir es nicht schaffen neue Impulse in unserem eigenen Auftritt als Volksvertreter zu setzen, schaffen wir uns selbst ab. Deswegen: „Im Übrigen bin ich der Meinung, dass das Listenwahlrecht abgeschafft werden muss.“ „Ceterum censeo ius electionis tabularum delendum esse!“